Digitalisierung kann Stadtverkehr grüner machen

Aber sie birgt auch Risiken, die Politik muss das deshalb aktiv gestalten, führt ein Expertenteam des MCC und anderer Forschungsinstitute in einem wissenschaftlichen Artikel aus.

E-Scooter: Web-basierte Verleihsysteme ohne Anmietstation boomen. | Foto: Shutterstock/Hotchi

12.08.2019

Die Verbreitung von Smartphone-Apps zum Car- oder Bike-Sharing könnte am Ende die Zahl der Autos in großen Ballungsräumen um mehr als 90 Prozent reduzieren. Diese wissenschaftlich fundierte Perspektive ist ein Beispiel dafür, wie der Megatrend „Digitalisierung“ den Stadtverkehr nachhaltiger und klimafreundlicher machen kann. Doch die Digitalisierung birgt auch Risiken – und muss deshalb von der Politik aktiv gestaltet werden, schreibt ein Expertenteam des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und weiterer Institute jetzt in einem Artikel in der Fachzeitschrift Global Sustainability.

„Durch die Digitalisierung werden derzeit gleich drei verschiedene Umwälzungen im städtischen Transportwesen angetrieben – hin zu Sharing-Lösungen, hin zu E-Mobilität und hin zu automatisiertem Fahren“, erläutert Felix Creutzig, ein Autor des Artikels und Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport: „In einem ungünstigen Szenario könnte das ernsthaft die Infrastruktur von Bus und Bahn beschädigen, die Zersiedelung von Städten fördern und das Verkehrsaufkommen mit seinen schädlichen Folgen stark erhöhen.“ Deshalb sei hier in den nächsten Jahren die Politik gefordert, vor allem auf kommunaler Ebene. „Sie muss die Dynamik von Big Data, künstlicher Intelligenz und Automatisierung sinnvoll regulieren und zu einem Hebel für mehr Nachhaltigkeit machen.“

Was das für die verschiedenen Facetten von Nachhaltigkeit bedeutet – von urbaner Mobilität und Lebensqualität bis zu Gesundheit und Datenschutz –, wird in dem Artikel systematisch beleuchtet. Und es wird skizziert, wie sich Bürgermeister organisatorisch neu aufstellen sollten: etwa mit einer zentralen Digitalisierungseinheit quer durch alle Sachgebiete, wie sie etwa die israelische Stadt Tel Aviv eingeführt hat, und mit einer umfassenden Datenbank zur städtischen Mobilität. Zudem könnten CO2-Bepreisung und Parkraummanagement dafür sorgen, dass Carsharing den motorisierten Verkehr effizienter, und auch gesundes Fahrradfahren und den ÖPNV attraktiver macht. „Es gibt keinen Grund, Big Data und künstliche Intelligenz zu verteufeln oder zu verherrlichen“, sagt Creutzig. „Aber es ist an der Zeit, das aktiv politisch zu managen.“

Weitere Informationen:
Creutzig, F., Franzen, M., Moeckel, R., Heinrichs, D., Nagel, K., Nieland, S., Weisz, H., 2019, Leveraging Digitalization for Sustainability in Urban Transport, Global Sustainability
https://www.cambridge.org/core/journals/global-sustainability/article/leveraging-digitalization-for-sustainability-in-urban-transport/9322C52E379793B7C4A41682EC99DB6A