Weltweiter Kohle-Boom gefährdet Klimaziele

Ergänzende Informationen des MCC zur heutigen Rede der Bundeskanzlerin auf dem Petersberger Klimadialog. Mit Schaubild zum verbleibenden CO2-Budget.

Entwicklung mit Nebenwirkungen: Kohlekraftwerk in Hongsa (Laos). | Foto: Shutterstock/Pudsumran

28.04.2020

Auf der in diesem Jahr per Video ausgerichteten Ministerkonferenz „Petersberger Klimadialog“ hat Bundeskanzlerin Angela Merkel heute weitere Anstrengungen beim Kampf gegen die Erderwärmung angemahnt. In ihrer Rede warb sie dafür, über den internationalen Kapitalmarkt die Wende „weg von fossilen Brennstoffen hin zu Erneuerbaren“ zu forcieren, ging ausführlich auf den deutschen Kohleausstieg ein – und kritisierte damit indirekt den anhaltenden Kohleboom in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern. Dieser ist auch ein zentrales Forschungsthema des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung, gibt dazu ergänzende Informationen:

„Es ist gut, dass die Kanzlerin auch in Coronazeiten das Klimathema ganz weit oben auf der globalen politischen Agenda ansiedelt. Sie hat heute auf dem Petersberger Klimadialog die Abkehr von fossilen Energien angemahnt – und damit auf den Kern des Problems verwiesen. Denn allein die zu erwartenden Kohleemissionen können das Ziel der Weltgemeinschaft unerreichbar machen, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 und möglichst sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Selbst für das Erreichen des 2-Grad-Ziels nimmt uns die Kohle zunehmend den Spielraum. Weltweit sind zusätzlich zu den bestehenden Kohlekraftwerken mit einer Leistung von 2045 Gigawatt weitere Anlagen mit einer Leistung von 500 Gigawatt im Bau und in der Planung, die meisten davon in China, Indien und anderen Entwicklungs- und Schwellenländern.“

„Zusätzliche Projekte mit einem Gesamtvolumen von weiteren 300 Gigawatt sind derzeit von der Politik nur zurückgestellt worden: Damit diese Vorhaben nicht aus der Schublade geholt werden, zum Beispiel als Teil eines ökonomischen Stimulus nach der Coronakrise, braucht es jetzt eine internationale politische Anstrengung. Dabei geht es erstens darum, die Finanzierung für Kohle auszutrocknen, beispielsweise fördert China in großem Umfang den Ausbau der Kohleverstromung in anderen Ländern, auch wegen Überkapazitäten heimischer Kraftwerksproduzenten. Zweitens brauchen wir günstige Kreditoptionen für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, worauf die Kanzlerin in ihrer Rede hingewiesen hat. Denn der Kapitalbedarf ist in diesem Bereich pro installiertem Gigawatt höher als bei Kohle – das ist in den Entwicklungs- und Schwellenländern mit ihren hohen Kapitalkosten ein großes Investitionshindernis. Und drittens brauchen wir auch dort ein relevantes Preissignal für Emissionen. Insgesamt müssen wir den energiehungrigen aufstrebenden Volkswirtschaften helfen, Entwicklung und Klimaschutz ohne Kohle zusammenzubringen.“

Lesehilfe zur Abbildung: Kumulierte energiebedingte CO2-Emissionen im Vergleich zu den vom Weltklimarat IPCC genannten CO2-Budgets (Stichtag 1. Januar 2018) für das wahrscheinliche (67 Prozent) Erreichen der Temperaturziele (1,5 bzw. 2 Grad). Annahme: Die Kohlekraftwerke aller vier Kategorien (im Betrieb, im Bau, geplant, zurückgestellt) laufen 40 Jahre. Der orangene und der gelbe Korridor zeigen die im IPCC diskutierten Unsicherheiten bezüglich historischer Temperaturerhöhungen.

Quellen: Eigene Darstellung, basierend auf IPCC (2018); Tang et al. (2019); Peters et al. (2020); Jackson et al. (2019); Global Energy Monitor (2020b); Shearer et al. (2020).