Der Himmel gehört uns allen

Papst Franziskus will mit seiner Enzyklika „Laudato Si“ die Klimapolitik anschieben. Ottmar Edenhofer und Brigitte Knopf vom MCC erklären, was an dem Lehrschreiben revolutionär ist: Die Anerkennung der Atmosphäre als Gemeinschaftseigentum.

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24.06.2015

Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt MCC-Direktor Ottmar Edenhofer, dass Papst Franziskus in der Enzyklika „Laudato Si“ die zentralen ethischen Herausforderungen Armut, Ungleichheit und Klimawandel miteinander verbunden habe. „Sie ist deshalb auch keine Klima-, sondern eine Gerechtigkeits-Enzyklika.“ Besonderes Augenmerk richtet Edenhofer auf diesen Satz des Lehrschreibens: „Die Atmosphäre ist ein Gemeinschaftseigentum der Menschheit, ein Gemeinschaftsgut von allen für alle.“

Der Wissenschaftler meint dazu: „Ein revolutionärer Satz.“ Aus der katholischen Soziallehre leite sich Sozialpflichtigkeit des Eigentums ab. Demnach ist Privateigentum nur legitim, wenn es mit dem Gemeinwohl vereinbar ist. „Jetzt wendet der Papst dieses Prinzip erstmals auf die Atmosphäre und Ozeane an. Keiner hat das Recht, die nach Gutdünken zu nutzen“, analysiert Edenhofer.

MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf schreibt dazu in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Rundschau“, die Enzyklika beschreibe durch diesen einen Satz in Kurzform das Grundproblem der internationalen Klimapolitik. „Wenn wir alle die Atmosphäre wie vom Papst vorgeschlagen als globales Gemeingut anerkennen würden, müsste also ein Großteil der fossilen Ressourcen im Boden bleiben.“ Es seien die daraus resultierenden rechtlichen und verteilungspolitischen Konsequenzen, die die Staaten in der Klimapolitik fürchteten.

Knopf betont, die Enzyklika richte ihren Fokus auf eine „weltweite Ökologiebewegung“ aus Akteuren wie Nichtregierungsorganisationen, Genossenschaften und Verbänden. „Für den Papst ist klar: ohne den Druck von außen auf die Politik wird es keinen Fortschritt in der Klimapolitik geben.“ Dass die Bewirtschaftung der „Global Commons“ gemeinschaftlich möglich sei, werde zu einer der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts. „Sie kann nur gemeinsam gelingen, wenn sich eine Vielzahl von Akteuren auf verschiedenen Ebenen von global, über regional, bis lokal erfolgreich vernetzt“, schreibt Knopf. „Denn es ist klar: Der Himmel gehört uns allen.“

Im „Tagesspiegel“ beschreibt Knopf auch die öffentliche Rezeption der Enzyklika. Gerne werde zum Beispiel die Konsumkritik des Papstes hervorgehoben oder dass er die übermäßige Nutzung von sozialen Netzwerken wie Facebook kritisiere. „Oft heißt es auch, der Papst habe eine „Öko-Enzyklika“ vorgelegt. Die Gemeinschaft der Klimaschützer jubelt schon „Habemus Klimapapst“ und freut sich, dass Franziskus aus Kohle, Öl und Gas aussteigen will“, scheibt Knopf. Welcher dieser Aspekte auch immer in der öffentlichen Debatte bislang in den Vordergrund gerückt wurde – das eigentliche Geheimnis der Enzyklika haben nur wenige entdeckt: die Global Commons.

In der Wochenzeitung "Die Zeit" verweist Edenhofer darauf, dass laut der Enzyklika das Wirtschaften nur dann ethisch verantwortbar sei, wenn die Preise auch relative Knappheiten zum Ausruck brächten. "Dass die Atmosphäre ein knapper Deponieraum ist, muss den Konsumenten ebenso signalisiert werden wie den Produzenten und Banken", schreibt er. "Verschiedene Studien am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben gezeigt, dass die Einnahmen aus einer Bepreisung von CO2 dazu verwendet werden könnten, gerade den Ärmsten einen sauberen Zugang zu Wasser, zu Sanitäranlagen und sauberer Elektrizität zu ermöglichen."

Am 22. Juni hielt Edenhofer dazu eine Präsentation mit dem Titel "Seven Steps to the Encyclical 'Laudato Si' by the Holy Father Pope Francis" in der Deutschen Botschaft im Vatikan. Am 1. Juli debattierte Edenhofer zudem im Vatikan mit der Autorin Naomi Klein („Kapitalismus versus Klima“) und - in Vertretung für Kardinal Turkson - der Staatssekretärin des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, Flaminia Giovanelli, über die Botschaften des Papstes. Dabei präsentierte er auch seine sieben Thesen über die Enzyklika. Eine davon lautet, dass eine CO2-Bepreisung dabei helfen könne, die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu finanzieren. Dies lasse sich etwa aus dem Bekenntnis des Papstes ableiten, dass der Umweltverschmutzer für seine Beschädigungen zahlen müsse.

Der „Washington Post“ sagte Edenhofer anschließend, die Enzyklika „fordert eine fundamentale Abkehr vom Busniess-as-usal-Szenario“. Und „Radio Vatikan“ zitierte ihn mit den Worten: “Das Benutzen der Globalen Gemeinschaftsgüter ist ein menschliches Grundrecht und sie sollten nach dem Gerechtigkeitsprinzip aufgeteilt werden.“ 

Hier geht zu den sieben Thesen als pdf.

Hier geht es zur Präsentation "Seven Steps to the Encyclical „Laudato Si“ by the Holy Father Pope Francis".