CO2-Bepreisung in Uganda – eine Option nur mit Rückerstattung der Einnahmen
Ohne Kompensation drohen Mangelernährung und Abholzung. Eine MCC-Modellstudie rechnet durch, wie Klimaschutz und Entwicklung Hand in Hand gehen können.
Klimaschutz durch CO2-Bepreisung – das wäre in Uganda vom Geld her keine große Sache. In dem Land mit rund 50 Millionen Menschen kommen gerade mal 26 Millionen US-Dollar jährlich zusammen, wenn man fossile Brennstoffe mit 40 Dollar je Tonne CO2 verteuert. Doch die winzig anmutende Belastung von 3 Dollar je Haushalt und Jahr senkt die Emissionen immerhin um 18 Prozent. Gleichzeitig verschlechtert sich, sofern man die Belastung nicht kompensiert, die Ernährungslage, die Leute essen zum Beispiel rund die Hälfte weniger Gemüse und Früchte. Und sie sammeln ein Zehntel mehr Feuerholz, was die ohnehin bedrohliche Abholzung beschleunigt und die Biodiversität bedroht. Dieses Szenario rechnet das Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) jetzt in der Fachzeitschrift Environmental and Development Economics vor.
„Wir zeigen in unserer mit empirischen Daten unterlegten Modellstudie, wie Klimapolitik in einem Land mit niedrigen Einkommen in Subsahara-Afrika auf die wirtschaftliche Lage von privaten Haushalten wirkt“, berichtet Raavi Aggarwal, die die Studie als Doktorandin in der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung geleitet hat und jetzt als Visiting Assistant Professor am Indian Statistical Institute in Delhi arbeitet. „Eine CO2-Bepreisung in Uganda verändert in anderer Weise als in Industrieländern die Energienachfrage, den Umgang mit Biomasse und die Qualität der Ernährung – das ist für eine nachhaltige Politik wichtig zu wissen und bislang wenig erforscht.“
Das Forschungsteam nutzt ein sogenanntes EASI-Konsumnachfragemodell, ugandische Statistiken zur Ausgabenstruktur privater Haushalte und zu Güterpreisen sowie vom Forschungsnetzwerks Global Trade Analysis Project ermittelte Daten zu Ugandas CO2-Ausstoß nach Wirtschaftsbereichen. Daraus wird dann mit ökonometrischen Verfahren abgeleitet, wie der unterstellte CO2-Preis von 40 Dollar private Haushalte belasten würde und wie diese darauf reagieren würden. Direkt betroffen ist nur eine Minderheit – so hat jeder dritte Haushalt in Uganda Zugang zu dem im Land vorwiegend genutzten, vor allem zum Kochen eingesetzten fossilen Brennstoff Kerosin. Stromanschluss hat nur etwa jeder Sechste. Hingegen spüren alle Haushalte die indirekten Effekte über Herstellkosten anderer Güter, etwa Lebensmittel.
Anders als in Industrieländern sind die Verteilungseffekte einer CO2-Bepreisung in Uganda insgesamt progressiv, belasten also prozentual stärker Haushalte mit hohen Einkommen. Bezogen auf die Ausgaben für Energie und Nahrungsmittel zeigt die Modellstudie bei den reichsten Haushalten eine Belastung von 12 Prozent und in der ärmeren Hälfte von 3 Prozent. Die Nachfrage nach Kerosin und Strom sinkt um 20 beziehungsweise 11 Prozent, die Menschen weichen zum Kochen und Heizen auf Feuerholz und Holzkohle aus. Im Ernährungsbereich ergibt sich eine fast doppelt so hohe Nachfrage nach dem vergleichsweise wenig CO2-intensiv produzierten Getreide – was die Kalorienzufuhr unterm Strich leicht steigert, obwohl die Nachfrage nach Fleisch & Fisch sowie Gemüse um mehr als 50 Prozent einbricht und die nach Früchten um 15 Prozent. Auf Fleisch und Fisch lässt sich verzichten – doch diese radikal einseitige Ernährung führt zu 20 bis 30 Prozent weniger Zufuhr von Proteinen und Mikronährstoffen, was die Studie für Arm und Reich sowie Stadt und Land präzise abbildet.
„Die CO2-Bepreisung ist zwar auch für den globalen Süden aus ökonomischer Sicht die effizienteste Form des Klimaschutzes“, betont Jan Steckel, Arbeitsgruppenleiter am MCC und ein Co-Autor der Studie. „Aber aus entwicklungspolitischer Sicht ist sie nur dann eine Option, wenn die Einnahmen auf irgendeine Weise an die Bevölkerung zurückgezahlt werden.“ Die Modellstudie rechnet dazu eine Variante mit einer Rückerstattung der kompletten Einnahmen in Form einer einheitlichen Pro-Kopf-Zahlung durch, in der die negativen Effekte weitgehend verschwinden. „Wie man so etwas in der Praxis organisiert, ist noch Gegenstand weiterer Forschung, als zielführend haben sich zum Beispiel Zuschüsse für emissionsfreie Kochstellen erwiesen. Jedenfalls drängt die Zeit: Ob die Welt die Klimaziele von Paris einhält, entscheidet sich im globalen Süden.“
Quellenhinweis zur zitierten Studie:
Aggarwal, R., Ayhan, S., Jakob, M., Steckel, J., 2024, Carbon pricing and household welfare: evidence from Uganda, Environmental and Development Economics
https://doi.org/10.1017/S1355770X24000214