Plötz, P., Koch, N., Bach, S., Haan, P., Kistinger, D., Illenseer, N.

Kurzdossier: Klimaschädliche Subventionen entsprechen negativen CO2-Preisen

in Ariadne Kurzdossier, 22.04.2024

Sonstige , Policy Evaluation Lab , Policy Unit , Sustainable Resource Management and Global Change

  • Seit langem gibt es eine Debatte um klimaschädliche Subventionen im deutschen Verkehrssektor und die Finanzrestriktionen infolge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts Ende 2023 haben die Debatten darüber intensiviert. In diesem Kurzdossier wird erstmals die Höhe wesentlicher Subventionen im Verkehr in negative CO2-Preise umgerechnet, um eine wissenschaftliche Einordnung ihrer klimapolitischen Bedeutung vorzulegen. Das Konzept der impliziten negativen CO2-Preise zeigt, wie stark Bürgerinnen und Bürger durch Subventionen für den Ausstoß einer Tonne CO2 indirekt belohnt werden, statt Anreize zu setzen, Emissionen zu senken.
  • Es werden die impliziten negativen CO2-Preise von vier bedeutenden Subventionen im Verkehr quantifiziert: Das Dieselsteuerprivileg, die Pendlerpauschale, die pauschale Besteuerung privat genutzter Dienstwagen sowie die Energiesteuerbefreiung für Kerosin im inländischen Flugverkehr. Diese klimaschädlichen Subventionen entsprechen negativen CO2-Preisen zwischen -70 und -690 € pro Tonne CO2 (siehe Abbildung 1). Pauschal umgerechnet in Euro pro Liter Benzin entsprechen diese negativen CO2-Preise Benzinpreisvergünstigungen von 0,18 bis 1,70 € pro Liter.
  • Die impliziten negativen CO2-Preise der Subventionen sind damit deutlich höher als der tatsächliche CO2-Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) von derzeit 45 €/tCO2 oder circa 0,11 € pro Liter Benzin. Dies belegt, wie stark das derzeitige Steuer- und Abgabesystem noch auf die Nutzung fossiler Energieträger ausgerichtet ist. Die inkonsistenten Preissignale zwischen Subventionen und BEHG führen zu geringeren Emissionsminderungen und höheren Vermeidungskosten der CO2-Bepreisung.
  • Einkommensstarke Haushalte profitieren überproportional von den Subventionen. Die Entfernungspauschale entlastet die mittleren bis höheren Einkommensgruppen mit über 1 % des Nettoeinkommens. Die Verteilungswirkungen des Dieselsteuerprivilegs sind gesamtwirtschaftlich moderat, aber bei den Betroffenen durchaus relevant, vor allem bei mittlerem Einkommen. Die Privilegien bei der Dienstwagenbesteuerung begünstigen vor allem Haushalte mit hohem Einkommen, denn nur wenige Erwerbstätige mit geringeren oder mittleren Einkommen haben einen Dienstwagen.
  • Subventionsreformen sind ein Hebel, um erhöhte CO2-Preise im BEHG (oder ETS-2) ab 2027 zu dämpfen. Kurzfristig bietet eine Reform des Dieselsteuerprivilegs großes Potenzial für CO2-Minderung. Mittelfristig kann eine Reform der Dienstwagensteuer den Hochlauf der E-Mobilität unterstützen. Eine Reform der Entfernungspauschale kann vor allem mittel- und langfristig zu Emissionsreduktionen beitragen. Eine Stärkung der EU-weiten Bepreisung von Kerosin ist einer inländischen Besteuerung vorzuziehen. Bei Reformen sollten klar definierte Kompensations-maßnahmen eingeführt werden, um Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten.