CO₂-Verschmutzungsrechte: Der Fluch des Klimageldes

Der internationale Handel mit Emissionsrechten könnte dem Wachstum in Entwicklungsländern, und damit internationaler Kooperation, schaden – obwohl diese finanziell profitieren.

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15.02.2017

Die Entwicklungs- und Schwellenländer spielen eine Schlüsselrolle bei der zukünftigen Vermeidung von CO2-Emissionen. Ein internationales Emissionshandelssystem könnte den Ländern zusätzliche Einnahmen bescheren und sie finanziell entlasten. Mit Hilfe dieses Geldes würden sowohl Gerechtigkeitsfragen adressiert, als auch die internationale Kooperation gefördert – auf den ersten Blick. Denn die neue Einnahmenquelle birgt auch Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung, warnen Forscher vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). Die Wissenschaftler um die beiden Leitautoren Ulrike Kornek und Jan Steckel haben die Ergebnisse ihrer Studie „The climate rent curse: new challenges for burden sharing“ jetzt im Fachmagazin International Environmental Agreements: Politics, Law and Economics veröffentlicht.

Die Forscher übertragen das in der Wissenschaftsliteratur bekannte Phänomen des „Ressourcenfluchs“ auf den Handel mit Verschmutzungsrechten. Die klassische Theorie vom Ressourcenfluch beruht auf der Beobachtung, dass Länder, die besonders reich an Bodenschätzen sind und viele Rohstoffe exportieren, sich wirtschaftlich oft weniger gut entwickelt haben als Länder ohne besondere natürliche Vorkommen. Dies hat laut Wissenschaft verschiedene Gründe: Unter anderem wecken Rohstoffvorkommen Begehrlichkeiten verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen, die in (bewaffnete) Konflikte münden können – auch Korruption spielt in Ländern mit schwachen Institutionen eine wichtige Rolle.

Im Modell der MCC-Wissenschaftler wird die Anfangsausstattung der Staaten mit Emissionsrechten in einem länderübergreifendenden Handelssystem wie eine natürliche Ressource behandelt. Wird – wie beispielsweise vorgeschlagen – die Bevölkerungszahl als Grundlage für die anfängliche Verteilung der Rechte herangezogen, würden die Entwicklungsländer besonders stark profitieren. Sie könnten überschüssige Rechte exportieren und damit de facto Transferzahlungen von den Industrieländern erhalten, wodurch sie zunächst einen Anreiz hätten, internationaler Kooperation beim Klimaproblem zuzustimmen. Die Einnahmenquelle kann jedoch, ähnlich den Gewinnen aus dem Export von Rohstoffen, die Wirtschaft lähmen – sich also eher als Fluch erweisen denn als Segen.

Die Forscher können diese negativen Effekte mithilfe des Modells in ihrer neuen Studie nachweisen. Sie zeigen, dass bei den gängig diskutierten Mechanismen zur Verteilung der Verschmutzungsrechte die Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Anreiz verlieren, am Handelssystem und damit an der internationalen Kooperation teilzunehmen.

„Unsere Ergebnisse werfen die Frage auf, wie Klimafinanzierung ausgestaltet werden sollte und ob Entwicklungsländer überhaupt in einen internationalen Markt für Emissionsrechte eingebunden werden sollten – andere Instrumente wie eine CO2-Steuer könnten besser geeignet sein“, sagt Kornek. Allerdings würden die Entwicklungsländer die CO2-Vermeidungskosten dann komplett alleine tragen – auch das könnte die internationale Kooperation gefährden. Steckel ergänzt: „Es wäre auch denkbar, dass die Einnahmen aus der Rechtevergabe gesammelt und international verwaltet werden. Es könnte damit beispielsweise ein Fonds aufgelegt werden, der klimaschonende Technologien finanziert und fördert.“

 

Das Paper im Original:

Kornek, U.; Steckel, J. C.; Lessmann K. et al. Interantional Environmental Agreements: Politics, Law and Economics (2017). DOI:10.1007/s10784-017-9352-2