Wie die Welt besser an einem Strang ziehen kann


Beim Kampf gegen die Erderhitzung gilt es, das Kooperationsproblem zu lösen: Aus nationalstaatlicher Sicht jedes Landes erscheint Nicht-Kooperation als lukrativer, doch Kooperation stellt die Akteure insgesamt besser. Die Wissenschaft liefert dazu Politikansätze.
 

1. Das Problem

Um die Klimaschäden in erträglichen Grenzen zu halten, sieht das Pariser Weltklimabkommen von 2015 vor, den Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 und möglichst 1,5 Grad relativ zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Aber die seither angekündigten Selbstverpflichtungen (Nationally Determined Contributions, NDCs) der Vertragsstaaten reichen noch nicht zum Einhalten der Temperaturziele.

2. Der Hintergrund

Das Paris-Abkommen setzt zunächst einmal auf Freiwilligkeit. Zwar werden die Selbstverpflichtungen nach dem Einreichen beim Uno-Klimasekretariat verbindlich und in der Folge im „Ratcheting-Up-Mechanismus“ verschärft, dadurch will man Trittbrettfahrertum dynamisch aushebeln. Doch das Instrumentarium des Abkommens sorgt nicht dafür, dass das wirklich passiert: Es muss aus- und umgebaut werden.
 

3. Die Lösung

Dauerhafte Kooperation hängt an drei Prinzipien: Transparenz (Ich sehe, was du leistest), Reziprozität (Wenn ich mitziehe, sollst du das auch tun) und Lastenteilung (Ich helfe dir notfalls beim Mitmachen). Im Klima-Kontext heißt das:

Versprechen in „einheitlicher Währung“. Das Prinzip der Transparenz erfordert es, dass die Staaten ihre als NDCs eingereichten Klimaschutzzusagen vergleichbar machen. Der geeignete Maßstab ist ein expliziter CO2-Preis: Was muss je emittierter Tonne CO2 der Verursacher zahlen? Der CO2-Preis macht Vorreiter und Trittbrettfahrer unmittelbar kenntlich  –  und ermöglicht ein System reziproker Belohnungen und Bestrafungen, das die Kooperation stabilisiert.

Amerika und China beim Wort nehmen. Die drei größten Klimagas-Verursacher bieten für ein solches System der Reziprozität einen Ansatzpunkt. Sie alle reden inzwischen von „Netto-Null-Emissionen“: Die EU als Vorreiter nennt dafür mit dem „European Green Deal“ das Zieldatum 2050, der neue US-Präsident Joe Biden hat es in seinem Klimaplan übernommen, China zielt immerhin auf 2060 für „CO2-Neutralität“. Die bereits hohen und in Zukunft steigenden Klimaschäden lassen in Amerika wie auch in China zunehmendes Interesse an Kooperation erwarten. Die drei Akteure können sich verlässliche Signale geben, am besten über CO2-Mindestpreise, und zudem gemeinsam das Paris-Abkommen absichern.

Weitere Schlüsselstaaten ins Boot holen. Besonders wichtig für den globalen Klimaschutz sind kohleabhängige Länder vor allem in Südostasien. Hier kommt das Prinzip der Lastenteilung ins Spiel: Die im Paris-Abkommen vereinbarte internationale Klimafinanzierung bietet bei entsprechender Ausgestaltung die Chance, die Kooperationsbereitschaft von Entwicklungs- und Schwellenländern deutlich zu erhöhen. Durch entsprechende Reformen kann auch ein erklärtes Ziel der Entwicklungszusammenarbeit, eigenverantwortliche Mobilisierung von Ressourcen, besser erreicht werden.

Konditionale Transfers. Die bislang meist an konkrete Projekte gekoppelten Zahlungen der internationalen Klimafinanzierung sollten zur freien Verfügung bereitgestellt werden – allerdings nur, wenn das Empfängerland im Gegenzug einen CO2-Preis einführt oder, von der Wirkung her ja vergleichbar, Subventionen auf fossile Brennstoffe abbaut. Die Kooperationsforschung belegt: Wenn die Transfers auf Länder mit überdurchschnittlich hohen Vermeidungskosten konzentriert werden, setzt das starke Anreize gegen Trittbrettfahrerverhalten. Es wird dann den von Land zu Land unterschiedlichen Energiesystemen und auch den unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften gerecht.

Kooperation als Investment begreifen. Der Wissenschaft zufolge ist eine solche Klimafinanzierung besonders wirksam, wenn die jährlichen Einzahlungen nicht starr vorgegeben sind – sondern sich nach bestimmten Regeln aus den Anstrengungen der Empfängerländer ergeben. Die Geberländer werden künftig wohl noch mehr gefordert. Aber dafür erhalten sie Gewissheit, dass ihre eigenen Klimaschutz-Maßnahmen nicht verpuffen.

4. Die Flankierung

Zusätzliche Ressourcen bieten die Konjunkturpakete, welche die Industriestaaten wegen der Corona-Krise schnüren. So sind im 1,8-Billionen-Euro-Hilfspaket der EU 30 Prozent für Klimaschutz bestimmt. Ein wichtiges Instrument sind zinsgünstige Kredite. Denkbar wäre es, dass diese auch Klimaschutz-Investitionen europäischer Firmen in Entwicklungs- und Schwellenländern fördern.

Dort sind die regulären Kapitalkosten hoch – was bei Investitionen in kapitalintensive erneuerbare Energien stärker zu Buche schlägt als etwa bei Kohlekraftwerken. Gemäß der Idee von konditionalen Transfers müssten Empfängerländer im Gegenzug zu derartiger EU-Hilfe das Ambitionsniveau ihrer Klimapolitik erhöhen. Das Kreditpaket weltweit zu streuen, könnte den Wachstumsimpuls für Europa sogar stärken.

 

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MCC-Kurzdossier „Globale Kooperation“ (2 Seiten, PDF | 1 MB)