Weltklimaberichte sollten mehr auf konkrete Politik fokussieren

In seinem neuen Buch zeigt MCC-Gruppenleiter Kowarsch, wie der IPCC durch das Aufzeigen von Politikalternativen in seinen Assessments den öffentlichen Diskurs stärken könnte.

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16.09.2016

Die Sachstandsberichte des Weltklimarates IPCC sollten stärker die tatsächliche Machbarkeit sowie die praktischen Konsequenzen der Klimapolitik in den einzelnen Staaten in den Blick nehmen. Wenn beispielsweise die nationalen Selbstverpflichtungen zur Emissionsreduktion aus dem Pariser Klimavertrag mehr in den Fokus genommen würden, könnte dies die Politikrelevanz der Assessments erhöhen.

„Die wissenschaftlichen Analysen von nationalen und kurzfristigen Politikinstrumenten sind für die politischen Entscheider oft interessanter als die langfristigen Szenarien“, schreibt Martin Kowarsch, Leiter der Arbeitsgruppe Wissenschaftliche Assessments, Ethik und Politik am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). In seinem neuen Buch „A Pragmatist Orientation for the Social Sciences in Climate Policy – How to Make Integrated Economic Assessments Serve Society” heißt es weiter: „Es ist schwer, an ein weit entferntes Reiseziel zu gelangen, wenn man nicht weiß, in welche Richtung man die ersten Schritte gehen sollte.“

Einige der Vorschläge des Autors – wie die Untersuchung alternativer Politikpfade – hatten bereits in den 5. Sachstandsberichts des Weltklimarates aus dem Jahr 2014 Eingang gefunden. Nun gewinnt das Buch im Vorfeld des 6. Assessment-Reports des IPCC zusätzliche Bedeutung: Derzeit beraten Wissenschaftler weltweit, durch welchen inhaltlichen und organisatorischen Zuschnitt der Bericht an politischer Relevanz gewinnen kann. Dabei spielt auch der zunehmende Stellenwert von Sozialwissenschaftlern bei der Erstellung von Assessments eine Rolle. Kowarsch weist in dem Buch nach, wie diese den Wert der wissenschaftlichen Politikberatung erhöhen können. Beispielsweise könnten sie dabei helfen, unterschiedliche politische Prioritäten – etwa Wirtschaftswachstum, Umweltschutz oder sozialer Ausgleich – in alternative Politikpfade zu übersetzen.

Der promovierte Philosoph rät dem IPCC zudem, sich noch stärker und interaktiver der breiteren Öffentlichkeit zuzuwenden. Bislang sind die Assessments des Weltklimarates vor allem für politische Entscheider gedacht. „Würden jedoch verschiedene Zusammenfassungen des Berichts gemeinsam mit den unterschiedlichen Zielgruppen – wie beispielsweise Vertretern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft –  erarbeitet, könnte der breite öffentliche Diskurs über Klimapolitik gestärkt werden“, sagt Kowarsch.

Inhaltlich schlägt Kowarsch außerdem vor, sich noch detaillierter mit Fragen der Landnutzung auseinanderzusetzen. Diese zeige viele wechselseitige Abhängigkeit mit anderen Zielen und Politikinstrumenten auf. „Die Bekämpfung des Klimawandels gehört ebenso wie die globale Nahrungsmittelsicherheit zu den UN-Nachhaltigkeitszielen. Das Beispiel zeigt, dass klimapolitische Ziele und Instrumente stark mit anderen Politikfeldern verflochten sind und daher vom IPCC entsprechend integriert betrachtet werden sollten“, sagt Kowarsch. 

 

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