Mit der Macht der Märkte gegen Klimawandel

MCC-Direktor Edenhofer erklärt im taz-Streitgespräch mit Böll-Stiftungsvorstand Unmüßig, was grüner Kapitalismus alles leisten kann – etwa beim Kohleausstieg.

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19.09.2016

„Kann grüner Kapitalismus die Welt retten?“ Das ist die große Leitfrage des "taz"-Streitgesprächs zwischen Ottmar Edenhofer, Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Mit Blick auf einen hohen Benzinpreis beispielsweise bezweifelt Unmüßig, dass dieser die ökologische Wahrheit abbilden könne. „Dann kann sich der Fahrer des Geländewagens immer noch seinen Benzinschlucker erlauben“, meint sie. „Wer sich für 100.000 Euro einen Porsche Cayenne kaufen kann, den jucken 500 Euro mehr auch nicht. Die weniger betuchte Bevölkerung schon.“

Edenhofer hält dem einen Vorschlag entgegen, wie ärmere Haushalte entlastet werden können: „Deshalb muss jede Umweltpolitik sozial abgefedert werden, durch Einkommens-, Vermögens- oder Erbschaftssteuern. Politiker scheuen aber davor zurück, dem CO2 einen Preis zu geben, ob nun durch Steuern oder einen funktionierenden Emissionshandel.“

In der Debatte über den Schutz von globalen Gemeingütern wie der Atmosphäre oder den Wäldern vor der Herunterwirtschaftung durch Einzelinteressen beklagt Unmüßig ein zu großes Vertrauen in Marktmechanismen und eine dürftige politische Offensive. Darauf entgegnet der Klimaökonom: „Was sich als Marktversagen darstellt, ist eigentlich ein Politikversagen.“ Die Politik könne sich gegenüber den Lobbyinteressen nicht ausreichend durchsetzen. „Wenn Umweltpolitik zum Beispiel den Boden knapper und teurer macht, haben Sie den klassischen Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie. Wenn Sie Schutzgebiete ausweisen, wird weniger Boden beackert, der Landpreis steigt. Dann brauchen Sie technischen Fortschritt, der den verbleibenden Boden effizienter nutzt. Nur so entschärfen Sie den Konflikt zwischen Ökologie und Ökonomie.“

Beim Kohleausstieg plädiert Unmüßig für das Ordnungsrecht. „Da ist ein klares ordnungspolitisches Szenario doch sehr wichtig: In den nächsten 20 Jahren sollten wir aus der Kohle aussteigen. Das ist machbar und verlässlich für Investoren.“ Edenhofer indes bezweifelt das. „Mit einem ordnungsrechtlichen Ausstieg aus der Kohle sorgen Sie nicht dafür, dass Investoren Geld in Wind und Solarenergie fließen lassen. Aber ein CO2-Preis sorgt dafür. Und gleichzeitig macht er Kohle, Öl und Gas teurer und bringt Steuereinnahmen.“ Der MCC-Direktor kritisiert, dass eine Umweltpolitik, die hauptsächlich auf Ordnungsrecht und Subventionen setze nicht die Veränderungsprozesse anstoßen könne, die durch das Paris-Abkommen notwendig seien: „Die Investoren benötigen für diesen Weg glaubwürdige Preissignale.“

 

Das vollständige Streitgespräch können Sie hier nachlesen.