Edenhofer fordert neuen Ansatz zur Begutachtung von Klimapolitik

In drei Artikeln in der Fachzeitschrift „Science“ kommentieren Ottmar Edenhofer und weitere Autoren Stärken und Schwächen der Verfahrensweisen im IPCC.

Foto: IPCC/Benjamin Kriemann

04.07.2014

Als der bislang umfassendste Bericht zum Klimaschutz im April von Regierungsvertretern aus aller Welt in Berlin verabschiedet wurde, konnte über einzelne Abschnitte der Zusammenfassung für Entscheidungsträger keine Einigkeit erreicht werden. Diese wurden daher nicht in die Zusammenfassung einbezogen. In drei Artikeln in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ nehmen jetzt der Ko-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, und Autoren des Berichts dazu Stellung und kommentieren Stärken und Schwächen der Verfahrensweisen im IPCC.

„Die Herausgeber von Science stellen die Frage, ob die Zusammenfassung für Entscheidungsträger zu einer Zusammenfassung von Entscheidungsträgern geworden ist“, sagt Edenhofer. „Meine Antwort ist: Nein. Zwar hätten wir gerne weiter reichende Übereinstimmung in einzelne Bereichen erzielt, besonders zum Thema Klimapolitik, aber unser Bericht einschließlich der Zusammenfassungen steht fest auf dem Fundament der Forschung. Dennoch: für die Zukunft des IPCC-Prozesses, bei dem die Regierungen der Welt mitwirken, müssen wir ein neues Verständnis entwickeln, wie die Klimapolitik auf nationaler und internationaler Ebene evaluiert werden kann.“

In ihrem gemeinsam verfassten Kommentar sprechen sich Edenhofer und Jan Minx, Stabschef der Arbeitsgruppe III, für eine klare Rollenverteilung aus: Wissenschaftler sind demzufolge Kartografen, die wissenschaftliche Veröffentlichungen auswerten und Klimaschutz-Pfade skizzieren. Und Politiker sind Navigatoren, die über den einzuschlagenden Weg der Klimapolitik entscheiden.

„Der IPCC hat die Wahl“, so Edenhofer. „Entweder findet er einen Weg, die Evaluierung von Klimapolitik in die von den Regierungen zu beschließenden Zusammenfassungen einzubringen, oder er riskiert den politischen Bedeutungsverlust.“ In zwei weiteren Artikeln analysieren die IPCC-Autoren David Victor, Reyer Gerlag und Giovanni Baiocchi sowie Navroz Dubash, Marc Fleurbaey und Sivan Kartha den Konflikt um Ländergruppierungen zur Analyse von Emissionsdaten und die politischen Implikationen unterschiedlicher Darstellungen.

„Die größte Herausforderung für die Zukunft des IPCC ist keine der Organisation oder der Verfahren“, erklärt Edenhofer. „Die größte Herausforderung liegt in der Verknüpfung von Fakten und Werten an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik, und wie der Weltklimarat damit umgeht. Wir haben versucht, unsere Annahmen offen zu legen und eine rationale Debatte über Fakten und Werte zu führen. Dieser aufgeklärte Ansatz wurde in Berlin infrage gestellt.“

Im IPCC-Prozess werden die ausführlichen Berichte der Arbeitsgruppen in Sitzungen der Mitgliedsstaaten angenommen. Die Zusammenfassungen für Entscheidungsträger werden Zeile für Zeile verabschiedet. Sämtliche Regierungsvertreter müssen sich über die Art und Weise der Präsentation von Ergebnissen einigen, einschließlich Grafiken und Wortlaut. Wenn keine Einigung erreicht wird, können die Teilnehmer beschließen, die entsprechenden Textteile aus der Zusammenfassung für Entscheidungsträger zu streichen. Die so genannte technische Zusammenfassung und die der Zusammenfassung zugrunde liegenden Kapitel des Berichtes sind davon nicht betroffen.

Science Policy Forums: “IPCC lessons from Berlin”

Article #1: "Getting serious about categorizing countries," by D.G. Victor at University of California, San Diego in La Jolla, CA; R. Gerlagh at Tilburg University in Tilburg, Netherlands; G. Baiocchi at University of Maryland in College Park, MD; D.G. Victor; R. Gerlagh; G. Baiocchi at IPCC WGIII in Geneva, Switzerland.

Abstract: www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1255302

Article #2: "Political implications of data presentation," by N.K. Dubash at Centre for Policy Research in New Delhi, India; M. Fleurbaey at Princeton University in Princeton, NJ; S. Kartha at Stockholm Environment Institute in Stockholm, Sweden; N.K. Dubash; M. Fleurbaey; S. Kartha at IPCC WGIII in Geneva, Switzerland.

Abstract: www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1255734

Article #3: "Mapmakers and navigators, facts and values," by O. Edenhofer; J. Minx at Potsdam Institute for Climate Impact Research in Potsdam, Germany; O. Edenhofer at Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin, Germany; O. Edenhofer; J. Minx at IPCC WGIII in Geneva, Switzerland.

Abstract: www.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.1255998