Globale Energiewende braucht günstigere Kredite für Erneuerbare
Eine neue MCC-Studie zeigt: Niedrige Kapitalkosten plus höhere CO2-Preise würden die Erneuerbaren global wettbewerbsfähiger machen.
07.11.2016
Für eine global erfolgreiche Energiewende sollten in den Schwellen- und Entwicklungsländern neben der Einführung eines CO2 Preises zusätzlich die Kapitalkosten für Wind- und Solaranlagen von derzeit oft über 10 Prozent auf unter 5 Prozent gesenkt werden. Exportgarantien, wie etwa in Deutschland die Hermesbürgschaften, Zugang zu den internationalen Finanzmärkten, aber auch stabile politische und rechtliche Rahmenbedingungen für Investoren in den jeweiligen Ländern könnten dabei zum Ziel führen. Dies sind einige Kernergebnisse der neuen Studie „The role of capital costs in decarbonizing the electricity sector“. Lion Hirth und Jan Steckel vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben sie jetzt im Fachmagazin Environmental Research Letters veröffentlicht.
Die Erkenntnisse sind vor der gerade startenden Klimakonferenz in Marrakesch von besonderer Relevanz: Die globale Energiewende wird zwar eines der vielen Schwerpunktthemen in Marokko sein. Zugleich setzen jedoch viele arme und schnell wachsende Länder weiterhin auf billige Kohlekraftwerke, um ihren wachsenden Energiehunger zu stillen. Diese sind nicht nur sehr umweltschädlich, ihre Investitionskosten liegen auch deutlich unter denen von Erneuerbaren Energien.
Wenn aber in vielen armen Ländern sowohl die Risiken als auch die Kreditzinsen für die Erneuerbaren hoch sind, spielen deren Vorteile – keine Kosten für Brennstoffe, keine CO2-Zertifikate, keine Luftverschmutzung - für die Investoren kaum eine Rolle. Der Einsatz klimafreundlicher Stromerzeugung in Schwellen- und Entwicklungsländern wird somit derzeit durch hohe Kapitalkosten stark behindert. Höhere Investitionsrisiken – beispielsweise durch politische Unsicherheiten – spiegeln sich in höhere Zinsen und damit höhere Kosten für Investoren wieder.
„Niedrige Kapitalkosten sind ein entscheidender Hebel, um die Wirkungen von CO2-Preisen voll zu entfalten: je niedriger die ersteren, desto effektiver die letzteren“, erklärt Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimawandel und Entwicklung. „Bleiben die Kapitalkosten jedoch weiterhin so hoch, würde selbst die Einführung von vergleichsweise hohen CO2-Preisen zu verpuffen. Auch hohe CO2-Preise sind dann nicht in der Lage die Rechnung der Investoren zugunsten der kapitalintensiven Erneuerbaren zu verschieben.“
Für ihre Forschung haben die MCC-Wissenschaftler erstmals quantitativ untersucht, wie sich hohe Kapitalkosten auf die Effektivität von CO2-Bepreisungen auswirken. Mithilfe ihres Modells können sie beispielsweise zeigen, dass bei relativ niedrigen Kapitalkosten von 3 Prozent schon ein moderater CO2-Preis von 50 US-Dollar pro Tonne den Emissionsaustoß um fast die Hälfte verringert. Hingegen kommt es bei höheren Kapitalkosten von 15 Prozent – bei gleichem CO2-Preis – zu fast keiner Reduzierung der Emissionen.
Die unterschiedlichen Kostenstrukturen sind entscheidend für Investitionsentscheidungen, da zukünftige Kosten abgezinst werden – sie fallen damit weniger ins Gewicht. Die Wissenschaftler sprechen von unterschiedlicher „Kapitalintensivität“. Diese ist gerade bei klimafreundlichen Technologien sehr hoch – übrigens nicht nur bei Erneuerbaren Energien, sondern auch bei Atomkraft und Kraftwerken mit Kohlenstoffabscheidung (CSS).
„Moderate CO2-Preise mit niedrigen Kapitalkosten zu verbinden, ist politisch wahrscheinlich realistischer als die extrem hohen CO2-Preise, die sonst nötig wären um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen“, sagt Steckel. „Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern brauchen wir daher rechtlich sichere Rahmenbedingungen für Investoren. Einspeisetarife für Erneuerbaren können hier eine Möglichkeit sein.“
Die neue Forschung bestätigt damit auch, dass für die Erneuerbaren physikalisch günstigere Bedingungen in einigen Ländern, wie etwa viel Sonne oder Wind, noch lange nicht zum Selbstläufer für deren Auf- und Ausbau werden. „Eine erfolgreiche Klimapolitik muss das Investitionsrisiko senken. Bei sicheren Anlagen sind Banken bereit, günstigere Kredite zu vergeben und Investoren geben sich mit einer geringeren Rendite zufrieden“, sagt MCC-Forscher Hirth. „Mit anderen Worten: Sind die Kapitalkosten geringer, werden Wind- und Solarenergie gegenüber Kohlekraftwerken deutlich wettbewerbsfähiger. So kann die globale Energiewende gelingen.“
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