Vier populäre Irrtümer zum Thema CO2-Bepreisung

Das MCC widerlegt Denkfehler in der aktuellen Klimaschutz-Diskussion – der „Spiegel“ berichtet groß und warnt davor, das Thema im Bundestagswahlkampf kaputtzureden.

Wie teuer wird der CO2-Preis? Für Haushalte mit Ölheizung und Fernpendler ist es am besten, wenn die Einnahmen in eine Pro-Kopf-Rückerstattung fließen. | Foto: Shutterstock/Esser

05.06.2021

„Warum der CO₂-Preis an die Bürger fließen muss“: Unter dieser Überschrift berichtet der „Spiegel“ heute über neue Berechnungen zur Verteilungswirkung von CO2-Bepreisung bei fossilen Kraft- und Brennstoffen, die jetzt erstellt wurden vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie räumt mit einigen Irrtümern auf, die derzeit die politische Debatte bestimmen, und ist auf der MCC-Website verfügbar.

Seit Jahresbeginn wird auf Sprit- und Heizkosten ein CO2-Preis von zunächst 25 Euro je Tonne CO2 aufgeschlagen. Weil dieser in Zukunft noch kräftig steigen soll, wird im beginnenden Bundestagswahlkampf intensiv über die sozialen Folgen diskutiert; die Diskussion zielt etwa auf den einkommensschwachen Fernpendler mit Ölheizung oder die Krankenschwester im ländlichen Raum. Das MCC-Team um Arbeitsgruppenleiter Matthias Kalkuhl rechnet nun die Verteilungswirkungen eines CO2-Preises von 50 Euro für verschiedene Bevölkerungsgruppen durch; es stützt sich dabei auf repräsentative Einkommens- und Verbrauchsdaten von über 42.000 Haushalten in Deutschland sowie auf den Mikrozensus für Pendeldistanzen. Fazit: Eine sozial gerechte CO2-Bepreisung – auch mit perspektivisch hohen Preisen jenseits der 100 Euro – ist möglich und nötig, sie führt dann nicht nur zu mehr Klimaschutz, sondern auch zu mehr Gerechtigkeit.

Dem MCC zufolge ist es erstens ein weit verbreiteter Irrtum, dass eine „Klimadividende“ vor allem die obere Mittelschicht entlaste. Diese zahlt leicht drauf, etwa 100 Euro im Jahr pro Haushalt im einkommensstärksten Fünftel, wenn die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung der Haushalte als verhaltensunabhängige Pro-Kopf-Zahlung an die Bevölkerung zurückfließen. Das ärmste und das zweitärmste Fünftel werden dann im Schnitt sogar entlastet, und bei Haushalten mit Ölheizung sowie Fernpendler-Haushalten wird die Belastung stark reduziert. Das MCC hält es für ratsam, zunächst über die Erneuerbare-Energien-Umlage den Strompreis für alle zu senken – wie viel das ärmeren Haushalten bringt, wird in der Öffentlichkeit ebenfalls unterschätzt, dies ist der zweite Irrtum. Dagegen hätten entgegen weit verbreiteter Wahrnehmung weder die Überwälzung eines Teils der zusätzlichen Heizkosten auf den Vermieter (Irrtum drei) noch die Anhebung der Pendlerpauschale (Irrtum vier) einen substanziell entlastenden Effekt für ärmere Haushalte.

„In späteren Stufen sollte der CO2-Preis den Bürgern möglichst vollständig erstattet werden“, zitiert der Spiegel den MCC-Direktor Ottmar Edenhofer. In einem kürzlich erschienenen Spiegel-Interview zum Thema äußert Edenhofer die Hoffnung auf parteiübergreifende Zustimmung für einen zügig weiter steigenden CO2-Preis. „Er ist nicht neoliberal, wenn man ihn mit einem sozialen Ausgleich verbindet.“ Er sei zuversichtlich, dass weder bürgerliche Parteien noch Sozialdemokraten und Grüne ein grundsätzliches Problem mit diesem Konzept haben. Und in einem Kommentar warnt der Spiegel Politiker aller Parteien, das Thema im Wahlkampf kaputtzureden. Die Überschrift lautet: „Die Rückkehr der Klimaheuchler“. 

Weitere Informationen:

  • Das MCC-Arbeitspapier „CO2-Bepreisung: Mehr Klimaschutz mit mehr Gerechtigkeit“ findet sich hier.
  • Der „Spiegel“-Bericht hierzu findet sich hier, das Interview mit Ottmar Edenhofer findet sich hier, der Kommentar hier.