Das Europäische Emissionshandelssystem

Das Europäische Emissionshandelssystem (EU ETS) ist Europas zentrales  Politikinstrument zur Bepreisung von CO2. Als weltweit erstes Instrument dieser Art bietet es einzigartige Möglichkeiten des Erkenntnisgewinns für die Konzeption und Umsetzung bestehender und neuer Emissionshandelssysteme auf der ganzen Welt. Mit unserer Forschung möchten wir sowohl die Errungenschaften und Probleme des gegenwärtig umgesetzten EU ETS als auch mögliche Reformoptionen der Politik evaluieren.

Ein Schwerpunkt unserer Forschungsbemühungen liegt auf der Funktionsweise des EU ETS‑Preismechanismus. Der starke und anhaltende Preisrückgang innerhalb des Handelssystems hat intensive Debatten über die entscheidenden Einflussfaktoren für die Entwicklung der Zertifikatspreise angestoßen. Wir zeigen, dass nicht nur eine einzige Ursache für den niedrigen Zertifikatspreis verantwortlich ist. Insbesondere kann die schwache Nachfragesituation (Rezession und Erneuerbare Energien) nur etwa 10 % der Schwankungen bei den Preisänderungen erklären. Darauf aufbauend haben wir in einer umfassenden Studie untersucht, wie sich der politische Prozess zur Anpassung von Emissionsobergrenzen auf die Preise im EU ETS ausgewirkt hat. Die Analyse zeigt, dass bloße Spekulation über den politischen Rückhalt für stringente Emissionsobergrenzen den Preis für Emissionszertifikate treiben können.

Auf Grundlage unserer empirischen Untersuchungen und im Anschluss an einen Workshop haben wir unter dem Mandat des europäischen Dachverbandes der technikwissenschaftlichen Akademien Euro-CASE in einem Bericht verschiedene Reformoptionen für das EU ETS untersucht. Insbesondere haben wir statt der Marktstabilitätsreserve die Einführung eines Preiskorridors mit Unter- und Obergrenze vorgeschlagen. Ein solcher Preiskorridor könnte nicht nur die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des Preissignals erhöhen, sondern darüber hinaus Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumen, unilaterale politische Maßnahmen (z. B. Fördermaßnahmen für erneuerbare Energien oder Effizienzstandards) zu verabschieden, die tatsächlich zu einem Gesamtrückgang der Emissionen auf EU‑Ebene führen könnten. Der Bericht wurde an zahlreiche Akteure in Brüssel ausgegeben und darüber hinaus Jos Delbeke, dem Generaldirektor für Klimapolitik der Europäischen Kommission, vorgestellt.

Darüber hinaus haben uns der Frage gewidmet, ob die Delegation an eine Klimazentralbank Antworten auf zahlreiche Bedenken in Bezug auf das EU ETS bieten könnte. Eine solche CO2‑Zentralbank könnte bei unvorhergesehenen Ereignissen die Entscheidungsflexibilität erhöhen, politische Unsicherheit reduzieren und die Glaubwürdigkeit langfristigen politischen Engagements erhöhen.

Unsere derzeitige Forschung konzentriert sich auf das Verhalten von Unternehmen innerhalb des EU ETS, um die Folgen der Politik auf die Wettbewerbsfähigkeit sowie deren Verteilungsauswirkungen besser zu verstehen. Evidenz-basierte Forschung zu diesen Themen erscheint angesichts des erheblichen Drucks, dem Regierungen bei der Ausarbeitung ihrer Klimaschutzpolitik von Seiten der politischen Parteien und Lobbygruppen ausgesetzt sind, als besonders sinnvoll. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit der CO2-Bepreisung in der europäischen Landwirtschaft und der Rolle von Ausgleichszahlungen (offsets) in Emissionshandelssystemen.

Relevantes Material

Koch, N., Basse Mama, H. (2016): European Climate Policy and Industrial Relocation: Evidence from German Multinational Firms. SSRN Working Paper 2868283.

Koch, N., Grosjean, G., Fuss, S., Edenhofer, O. (2016): Politics matters: Regulatory events as catalysts for price formation under cap-and-trade. Journal of Environmental Economics and Management, 8, 121–139.

Koch, N.T., Fuss, S., Grosjean, G., Edenhofer, O. (2014). Causes of the EU ETS price drop: Recession, CDM, renewable policies or a bit of everything?—New evidence. Energy Policy 73: 676–685.

Grosjean, G., W. Acworth, C. Flachsland, R. Marschinski (2016): After Monetary Policy, Climate Policy: Is Delegation Key to EU ETS reform? Climate Policy 16: 1–25.

Edenhofer, O. (2014). Climate policy: Reforming emissions trading. Nature Climate Change 4: 663–664.

Knopf, B., Koch, N., Grosjean, G. Fuss, S., Flachsland, C., Pahle, M., Jakob, M., Edenhofer, O. (2014): The European Emissions Trading System (EU ETS): ex-post analysis, the market stability reserve and options for a comprehensive reform. FEEM Nota di Lavoro 79.2014.

Grosjean, G., Fuss, S., Koch, N., Bodirsky, B., De Cara, S., Acworth, W. (2016): Agriculture: sleeping beauty of EU climate policy? Overcoming barriers to implementation. SSRN Working Paper 2734677.

Koch, N., Reuter, W., Fuss, S., Grosjean, G. (2016): Permits vs. Offsets Under Investment Uncertainty. SSRN Working Paper 2711321.