CO2-Besteuerung als Schlüssel für nachhaltiges Wachstum

In der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" erklärt MCC-Direktor Edenhofer warum wir Wachstum von Emissionen entkoppeln müssen – und welche Rolle die Eigentumslehre der Kirche in der Klimapolitik spielt.

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16.02.2016

„Das Problem unserer derzeitigen Wirtschaftsweise ist nicht das Wirtschaftswachstum, sondern die Tatsache, dass wir von der Substanz leben: Wir verschleudern Naturkapital“, sagte Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der Herder Korrespondenz. Die Lösung bestünde nicht in Verzicht, sondern in einer Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Emissionswachstum. Das ließe sich erreichen, indem man den technischen Fortschritt für mehr Ressourcen- und Energieproduktivität nutzt und Steuern auf CO2 einführt.

„Ein CO2-Preis hat drei wunderbare Wirkungen: Erstens setzt er Anreize für CO2-freie Technologien. Zweitens bestraft er die Nutzung fossiler Energieträger. Und drittens lassen sich damit Einnahmen generieren“, sagte Edenhofer. Letztere könnten dann eingesetzt werden, um Steuern auf Arbeit oder Kapital zu senken oder für den Ausbau von Infrastruktur. „Wenn Länder lernen, dass man mit den Einnahmen die Armut bekämpfen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Ökonomie erhöhen kann, dann verlieren CO2-Bepreisung und Dekarbonisierung auch für die Entwicklungs- und Schwellenländer ihre Schrecken.“

Edenhofer erklärte, wenn es keinen CO2-Preis gäbe, würden individuelle Anstrengungen zunichte gemacht: „Wer CO2-Emissionen vermeidet, hat keine Garantie, dass andere nicht darum mehr verbrauchen, weil die Nachfrage nach fossilen Energieträgern sinkt.“ Ein ähnliches Dilemma besteht auf globale Ebene: „Jeder nutzt die Atmosphäre nach seinem Gutdünken. Wir wissen aber, dass die Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre für Treibhausgase begrenzt ist“, so der Klima-Experte.

Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müssten mindestens 80 Prozent der Kohle und ein Drittel von Öl und Gas im Boden bleiben. „Damit wird aber das Vermögen der Besitzer von Kohle, Öl und Gas entwertet“, sagte Edenhofer. Dieser Eingriff sei nach der Eigentumslehre der Kirche gerechtfertigt, da die privatrechtliche Verfügungsgewalt dort ende, wo das Gemeinwohl verletzt werde. So habe auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ betont: „Diese Generation kann als die verantwortungsloseste in die Geschichte eingehen, sie kann aber auch als diejenige in die Geschichte eingehen, die die Verantwortung übernimmt.“ Franziskus erinnere daran, dass alle Menschen – auch die Ärmsten – ein Recht auf Würde, auf ein angemessenes Leben hätten. „Dafür tragen wir die Verantwortung und darum muss gefährlicher Klimawandel vermieden werden“, so Edenhofer.